top of page

Das erste Mal vor der Kamera – Was du siehst, wenn du dich selbst nicht siehst

  • Autorenbild: Estelle
    Estelle
  • 8. Aug.
  • 2 Min. Lesezeit

Es beginnt oft mit einem Zögern. Ein Blick zur Seite, ein unsicheres Lächeln, ein stiller Rückzug hinter hochgezogenen Schultern oder einem schnell zurechtgerückten Kragen. Und manchmal kommt dieser Satz, fast wie eine Entschuldigung: „Ich bin nicht fotogen.“

 

Aber was bedeutet das eigentlich – nicht fotogen zu sein? Vielleicht steckt darin: Ich habe mich selbst nur selten wirklich gesehen. Oder: Ich kenne diesen Moment nicht, in dem ich einfach da sein darf – ohne Maske, ohne Kontrolle.

 

Eine junge Frau betritt den Raum durch eine Glastür – ihre Silhouette in Schwarz-Weiß, von Licht umhüllt. Ihr Blick trifft direkt die Kamera, offen und fragil zugleich. Die rechte Hand ruht sanft auf der Klinke, als hielte sie einen Moment zwischen Draußen und Drinnen fest. Hinter ihr verschwimmt die Welt – vor ihr beginnt ein stiller Augenblick der Begegnung.

Das erste Mal vor der Kamera zu stehen, kann ein überraschend intensiver Moment sein. Nicht, weil es um das Bild geht, sondern um das Gesehenwerden. Unverstellt. Echt. Und manchmal leise. Da ist jemand, der nicht fragt: Wie willst du aussehen?, sondern: Wie fühlst du dich gerade in dir?

 

Das kann verunsichern – und zugleich etwas in Bewegung bringen. Denn oft zeigt sich nicht das, was man erwartet hat. Nicht die vermeintlich „gute Seite“, nicht die einstudierte Mimik, sondern etwas Tieferes: Ein zarter Ausdruck im Blick. Die feine Anspannung in den Händen. Der Moment vor dem Lächeln, wo noch alles offen ist.

 

Es braucht keinen Mut, perfekt zu wirken. Aber es braucht Mut, sich zu zeigen – genau so, wie man gerade ist. Unsortiert vielleicht. Mit Zweifel, mit Stolz, mit Müdigkeit, mit Wärme. Das alles darf da sein. Und manchmal passiert dann etwas ganz Stilles: Man erkennt sich. Nicht so, wie man sich von außen kennt – sondern von innen.

 

Es gibt Menschen, die beim ersten Foto die Tränen in den Augen haben. Weil sie sich sehen – wirklich sehen. Und nicht mehr davonlaufen können. Andere lachen, überrascht, erleichtert. Bin das wirklich ich? – und ja, es ist ein Teil von dir. Einer, der oft zu wenig Raum bekommt.

 

Das erste Mal vor der Kamera ist dann kein „Shooting“, kein äußeres Event. Es ist ein innerer Vorgang. Ein Innehalten. Ein Spüren. Und vielleicht ein kleines Heimkommen. Zu sich selbst. Zu einem Bild, das nicht abbildet, sondern verbindet.

 

Was man sieht, wenn man sich selbst nicht sieht – das sind oft die ehrlichsten Bilder. Keine Pose. Kein Konzept. Sondern Gegenwart. Vielleicht liegt genau darin die Schönheit.

 

Comentários

Avaliado com 0 de 5 estrelas.
Ainda sem avaliações

Adicione uma avaliação
bottom of page